|
Anekdoten |
1929-33 |
1929
stürzt sich der wackere Schwabe in das Abenteuer Berlin. Die Dozenten der
Hochschule für Musik sind von Friedrich Schröders Frühreife
entzückt. Weniger glücklich sind seine Eltern, als sie ohne Vorwarnung
ein Telegram erhalten, das fünf Worte umfasst: Gestern geheiratet- Lilo
und Friedrich ( 14.7.1931).
Friedrich ist 21 Jahre, der Dekorateurlehrling Lilo 18, das elterliche
Vermögen nach dem „Schwarzen Freitag“ ist futsch, der Vater stirbt, der
Erlös aus dem Verkauf seines Steinway-Flügels reicht nicht lange, Tochter
Susanne ist unterwegs, und zig-tausend arbeitslose Musiker auf
Stellungssuche.
(Henno Lohmeyer, „Frau im Spiegel“ vom 30.03.1968)
|
1934 |
Friedrich Schröder sitzt in
der S-Bahn auf dem Weg ins Theater. Neben ihm sitzt ein Herr und studiert
Noten. Schröder kiebitzt und macht seinen Nachbarn, ungebeten und
ungeniert, aufmerksam: „Da fehlt ein d“. Der Herr, verdutzt, vergewissert
sich und sagt: „Sie haben recht“. Ein halbes Jahr darauf, im Frühjahr
1935, gibt ihm Will Meisel einen Tipp. „Morgen kommt Peter Kreuder
zu mir. Er sucht einen Arrangeur. Komm’ doch mal vorbei“. Schröder kommt
und wird dem Mann aus der S-Bahn vorgestellt: Peter Kreuder ist zu
dieser Zeit schon ein arrivierter Komponist. Schröder wird sein
Arrangeur.
(Henno Lohmeyer)
|
1937 |
„Sieben Ohrfeigen“
Dieser Film sollte zunächst nur Untermalungsmusik erhalten. Dem
arrivierten Kollegen Kreuder war dies zu wenig, und er „überließ“
dem jungen Kollegen den Film. Im Dezember 1936 erhält Friedrich
Schröder den Auftrag. Kurz vor Drehbeginn wird - auf Wunsch von
Lilian Harvey – noch eine Tanzszene in den Film aufgenommen. Ein
English – Walz sollte es sein, ebenfalls ein Wunsch von Lilian Harvey.
Schröder verabredet sich mit Lilian Harvey und Willy Fritsch in seiner
Wohnung. Durch seine Kapellmeisterpflichten am Metropoltheater kommt er
nicht rechtzeitig zum komponieren. Als Harvey und Fritsch sich seiner
Wohnung nähern beginnt er einen Walzer aufzuschreiben. Als die beiden die
Wohnung betreten – sie lag in einem Mietshaus in der Uhlandstraße im
4.Stock - sitzt er am Klavier und spielt ihnen den Walzer vor. Im Film ist
nur eine kurze Orchesterversion zu hören. Sie wird von allen Tanzkapellen
Berlins sofort mit großem Erfolg übernommen. Es gab aber keinen Text
dafür. Hans Fritz Beckmann wurde als Textdichter hinzugezogen, der
zu dieser Musik die congeniale Zeile ersann: „Ich Tanze mit dir in den
Himmel hinein“ Lilian Harvey und Willy Fritsch waren die ersten
Interpreten.
|
1938 |
Schröder
und Beckmann sitzen in ihrem Stammcafe, dem Café an der Potsdamer Brücke.
Der Pianist singt „Wo die u-u-uralten Ei-eichen rauschen. „Scheußlich“
sagt Beckmann und schüttelt sich. „Warum siehst Du mich so vorwurfsvoll
an“, knurrt Schröder“, ist doch nicht mein Text. „Aber Deine Melodie“! Beckmannn angelt sich die Zeitung vom Nachbartisch und kritzelt an den
Zeitungsrand. Kurz darauf geht er mit Schröder zum Klavier. Er singt:
Laß’ die Frau, die Dich liebt, niemals weinen, denn sie weint ja aus Liebe
zu Dir …
Mit einem Jahr Verspätung, als niemand mehr an einen Erfolg glaubt,
nimmt das Orchester Bernhard Ette den Titel auf, Rudi Schuricke singt. Wie
viele bekannte Titel bekommt auch dieser einen verballhornten Text vom
Volksmund. „Bezahl’ die Frau, die dich liebt , nie mit Scheinen…“
|
1939 |
In dem
Film „Bel Ami“ mit der Musik von Theo Mackeben wird ein
Kapellmeister für das Bild gebraucht. Schröder nimmt die Rolle an
und erhält als Gage die Zusage, die Rückseite der Schallplatte mit dem
Haupttitel „Du hast Glück bei den Frau’n Bel Ami“ zu komponieren. Er
schreibt mit Hans Fritz Beckmann für Willi Forst den Titel,
„Gnädige Frau wo war’n sie gestern“.
Zur Entstehungsgeschichte des Liedes:
Friedrich Schröders Ehefrau
Lilo hatte vier Schwestern, die
sich gemeinsam des öfteren auch mal Solo in das Berliner Nachtleben
gestürzt haben. Die Männer taten das ja auch ausgiebig nach den ersten
Erfolgen. Bei einem dieser Ausflüge ist man sich wohl begegnet –
unfreiwillig - und es kam zu einigen „Missverständnissen“ verbunden mit
dem dazugehörigen Ehekrach. Dies ist sozusagen das Entschuldigungslied der
beiden Männer. Mit der Textsequenz „die Schwestern aber waren Brüder und
hießen Hans und Frieder“ waren „Hans“ – Hans Fritz Beckmann und
„Frieder“ – der Spitzname von Friedrich Schröder - gemeint.
Bei der folgenden Schallplattenaufnahme spielt Friedrich Schröder
den Klavierpart von „Bel Ami“. Das Soloklavier von „Gnädige Frau wo warn‘
sie gestern" spielt Theo Mackeben. Als sich der gewaltige
Verkaufserfolg der A- und B-Seite einstellt, sagten sich Beckmann und
Schröder: „Jetzt sind wir reich, jetzt können wir in Sekt baden“! Sie
kaufen sich 200 Flaschen und setzen sich gemeinsam in die Wanne. Geschehen
in der Lietzenburger Str.33 im 2. Obergeschoss.
|
1941 |
Man
müsste Klavier spielen können …
Friedrich Schröder erzählt dazu:
Mein Textdichter, Hans Fritz Beckmann und ich waren abends bei der
bekannten Sopranistin Hilde Seip zu einer Party eingeladen. Während ich
etwas abseits stand, hatte Hans Fritz bald alle Damen um sich versammelt
und war wieder mal „Hahn im Korb“. Nun wurde es langsam 12 Uhr, ich setzte
mich ans Klavier und fing an zu spielen – die bekannte „Klaviertour“ –
Plötzlich kamen die Damen, eine nach der anderen, an den Flügel, und Hans
Fritz war „Neese“. Als er dann dazu kam, sagte er im vorbeigehen:“ Ja, ja
mein Junge …man müsste Klavier spielen können. Ich fand diese Zeile
so großartig, dass ich später zu ihm sagte: „da werden wir unbedingt ein
Chanson draus machen.“ Wie schnell dies verwirklicht werden sollte, hätte
ich mir zu dieser Stunde nie träumen lassen.
Wenige Tage danach bekam ich den Auftrag, die Musik zu dem Film „Immer
nur Du“ zu schreiben. Hans Fritz Beckmann war- sagen wir
liebenswürdigerweise – nicht auffindbar. Der Termin des Vorspielens der
Hauptnummern rückte immer näher und war auf einen Freitagabend festgelegt.
An diesem Tag, morgens um 9 Uhr hatte ich ihn endlich angetroffen und
sogleich etwas unsanft aus dem Bett gehoben. Ich drückte ihm Papier und
Bleistift in die Hand und schickte ihn ins Nebenzimmer mit der ironischen
Bemerkung: „Man müsste Textdichten können“. Nach einer halben Stunde kam
er mit dem kompletten Text zu „Man müsste Klavier spielen können“
heraus. Ich hatte mich hingesetzt und die Nummer gerade zu Ende
komponiert, da ging die Tür auf und er hatte den zweiten Text „Liebling
was wird nun aus uns beiden?“ fertig. Er schien so richtig in Fahrt
gekommen zu sein, denn ich hatte diese Komposition noch nicht ganz fertig,
da kam er wieder und rief vor Freude jauchzend „Die ganze Welt dreht
sich um dich“. Es war inzwischen 12 Uhr Mittag und wir hatten in 3
Stunden diese Nummern geschrieben. Natürlich haben wir abends beim
Vorspielen gesagt. “Da sind wir mindestens 14 Tage herumgelaufen und haben
überlegt, was wir schreiben sollen.“
|
1942 |
Hochzeitsnacht im Paradies
Friedrich Schröder, seit Mai
1941 zum Militär eingezogen, erhält im Sommer 41 mit der Feldpost von
Hentschke und Schwenn Buch und Liedertexte. Anfangs weiß er
nicht einmal, ob die Operette auch am Metropoltheater herauskommen wird.
Man spielt dort in der Saison 1941/42 „Der Graf von Luxemburg“. …kein
durchschlagender Erfolg. So wird für die Saison 1942/43 die
„Hochzeitsnacht“ vorbereitet.
Schröder, inzwischen von
seinem Musik liebhabenden Kompaniechef in die Wäschekammer abkommandiert,
komponiert zwischen alten Socken, stinkenden Drillichanzügen „So stell’
ich mir die Liebe vor“, „Ein Glück, dass man sich so verlieben
kann“, „Es kommt auf die Sekunde an“ und „Ich spiel’ mit
Dir“.
Der Kanonier Schröder bekommt keinen Sonderurlaub zum Tag der Premiere.
Erst auf Intervention vom Bataillonschef bekommt er für 12 Stunden frei.
Schröder macht sich einen Spaß aus der Situation und erscheint in seiner
abgewetzten Gefreitenuniform im Theater. In dieser grotesken Aufmachung,
zwischen all den befrackten Premierengästen, konnte er nach der Premiere
überschwängliche Komplimente entgegennehmen.
|
1944-45 |
Das
Wohnhaus in Berlin wurde von einer Bombe getroffen. Mit Freunden zusammen
schiebt Friedrich Schröder seinen Steinway-Flügel die Treppen des Hauses
hinunter. Die eine Seite des Flügels wird zerschrammt. Der Flügel
übersteht den Krieg. Er hat diese Schrammen nie wegmachen lassen. Der
Flügel steht heute noch – mit den Schrammen - bei seinem Sohn Ulrich.
|
1946 |
Vom
Reporter der Musikzeitung „Melodie Berlin“ befragt, was er von dem neuen
Jahr 1946 erwarte, antwortet Friedrich Schröder: „Wenig, denn ich bin sehr
bescheiden geworden. Genügend Notenpapier, damit ich arbeiten kann. Dann -
Erfolg mit neuen Werken zu haben. Ja- und dann vielleicht eine gütige
„Spezial – Komponistenfee“, die mit einem Musenkuß mir ein, zwei oder drei
Zigaretten in die Hand drückt. Mit Dampf geht es eben viel besser.
Ansonsten glaube ich, dass es nur besser werden kann. Als notorischer
Optimist kann ich gar nicht anders. Also erwarte ich doch sehr viel vom
neuen Jahr.“
|
1946-47 |
Nächte
in Shanghai
Unter ziemlichen
Schwierigkeiten wird dieses erste „Nachkriegskind“ geboren. Beim
Instrumentieren friert die Tinte ein. Im Theater ist es manchmal so kalt,
dass an Orchesterproben nicht zu denken ist.
- Eine verrückte Stadt, dieses Berlin! Im Grunde eben doch einfach
unverwüstlich. Da wird gehungert und gefroren, und die Leute haben nichts
Ordentliches anzuziehen. Aber dann, wenn sie hören, dass irgendwo eine
Operette gegeben wird, dann sind sie dabei. Eine Ausstattungsoperette im
alten Metropolstil soll im Februar das Licht der Welt erblicken. -
(Nachtexpress – Berlin am 11.Februar 1947)
In den sechziger Jahren nach seinen Lieblingskindern gefragt, gesteht
Friedrich Schröder „ …und mein drittes Lieblingslied ist aus meiner
ersten Operette nach dem Kriege „Nächte in Shanghai“, „Träume kann man
nicht verbieten“. Sie müssen sich vorstellen, dass dieses Lied zu
einer Zeit entstanden ist, als doch alles hier nichts mit „Träumen“ zu tun
hatte. Wo nackte, harte und grausame Wirklichkeit war. „Träume kann man
nicht verbieten“ war der Ausdruck einer Sehnsucht von Textdichter und
Komponist, etwas zu schreiben, was den Leuten Freude macht, nicht nur
Trümmer, nicht nur Zerstörtes – sie haben „Träume“ - und die – „kann man
nicht verbieten“.
|
1948-52 |
Friedrich
Schröder ging im Nachkriegsberlin sehr oft durch Kneipen und Bars,
manchmal tagelang. Zu Haus meldete er sich zwischendurch telefonisch -
meist mit dem Satz: „Es liegt noch Nebel auf der Doggerbank, das Schiff
kann noch nicht einlaufen“. Irgendwann dann der Anruf: „Der Nebel hat sich
gelichtet“. Das hieß für Lilo, seine Frau, dass er im „Bardent“, einer
kleinen Bar in der Wielandstraße, auf sie wartete. Lilo zog sich besonders
schön an und holte ihren Frieder nach Hause. Die Ehe hat gehalten.
|
1955 |
Verleihung des Paul-Linke-Ringes.
Aus der Laudatio von
Günter Schwenn: …Weder Krieg noch Diktatur, weder Bestechlichkeit
ringsum noch Stacheldraht haben Frieder, wie ihn seine Freunde nennen, um
seine Notenträume gebracht, und am Anfang stehen nun mal die Träume davon.
…Du kannst es, Friedrich Schröder! Ein Patriarch bist Du im Kreise Deiner
Familie, ein Zecher unter Kumpanen, ein Skatspieler wie Richard Strauß,
ein Koch wie Rossini, ein Dirigent – nein, nicht wie Karajan, sondern so
wie du selbst: musikantisch und lebensfroh, dass ein stumpfes Orchester
nach wenigen Proben zu blühen beginnt; erst sträuben sie sich, die
Bratenröcke der Euterpe, dann geraten sie in Transpiration und schließlich
klopfen sie, wenn Du am Pult stehst, auf ihre Instrumente. Wenn man Dir
heute als erstem deutschen Komponisten den Paul-Linke-Ring reicht,
so nimm ihn hin als Zeichen unserer Dankbarkeit für Deine heitere und
liebenswerte Kunst, die nie so wirksam hätte werden können, wenn nicht ein
Mensch dahinter stünde , eine Vollnatur – mit Herz und Verstand.
|
1958 |
Er ist jetzt seit einem Jahr musikalischer Leiter des Bertelsmann Schallplattenringes. Auf der 50. Geburtstagsfeier des Aufsichtsratmitglieds Wixfort in Gütersloh beschwert er sich, dass er immer Lizenzen der Plattenfirmen erwerben muss um ein hochwertiges Programm für den Schallplattenring zu gestalten. Er schlägt Eigenproduktionen vor - zunächst für den Bertelsmann Schallplattenring.
Um diese Produktionen nicht nur Clubmitgliedern anbieten zu können wird das Label ARIOLA gegründet.
|